Festrede Hildesheim/ Januar 2006 / Abschied Dahlmüller November 2005
Lieber Götz Dahlmüller, da bin ich. Danke für Deine Einladung. Nun eine kleine Rede. Zuvor begrüße ich noch den Stammvater des Fachbereiches H.U. Ahlborn und die Matrikel – Nummer 001 / Horst Blase sowie weitere Ehemalige des Fachbereiches und besonders herzlich die jüngere Generation, die an diesem Fachbereich derzeit ihr psychosoziales Moratorium ausleben darf
Oder anders formuliert: Liebe Anwesende, Freunde, Genossen, Werktätige und studierende Intelligenz, hallo Volk .
Zurück zu den Wurzeln , mit dem Diktum Peters Eislers aus dem Jahre 1972 ." Man muss hier alles hinterfragen! „
Ich grüße alle Mitglieder der ehemaligen „ Radikalen Minderheit”, die Genossen des SDS, die letzten umherschweifenden Haschrebellen, die allerletzten Mescaleros und die Mitglieder diverser K – Gruppen, die Anfang der 70 er Jahre in der Prolet – Kultphase für die Durchsetzung der richtigen Linie kämpften.
Mit dem Adorno - Motto: ”Wer sich keine unnützen Gedanken macht - streut auch keinen Sand ins Getriebe."
Lieber Götz Dahlmüller, Du hattest das unverschämte Glück, als Mitglied einer gebildeten Mittelstandsbewegung Dein psychosoziales Moratorium in den 60 er Jahren ausleben zu dürfen. Du hast damals mit an den Grundfesten bürgerlichen Staates gerüttelt, wie Gerhard Schröder am Zaun des Kanzleramtes.
Zwischenzeitlich ist viel Wasser die Innerste herunter geflossen und viele Deiner ehemaligen Kollegen sowie auch ehemals Studierende sind vom 2CV auf BMW umgestiegen und Handeln im Sinne von Karl Korsch: "Man muss bereit sein alle Überzeugungen preiszugeben, wenn Sie mit den heutigen Erfahrungen nicht mehr übereinstimmen."
Fast Alle haben sich mit der Normativität des Faktischen arrangiert.
Wie fing wohl alles an?
Am 7. Januar 1941 wurde Götz Dahlmüller in die „Nichtung des Seins”, ins „Dasein“ geworfen, mitten im Orlog /2. Weltkrieg.
An diesem Tag liefen die Vorbereitung für das Unternehmen „Barbarossa"/ Überfall auf die UDSSR / Juni 1941 klammheimlich weiter und auch das Unternehmen „Marita” Überfall auf Jugoslawien u. Griechenland im April 1941 wurde weiter vorbereitet. Ein Oberst i. G. Zeitzler meldete „dass Operationen auf dem Balkan im Winterhalbjahr wegen der schlechten Unterkunftsverhältnisse, des mangelhaften Zustandes der Straßen und Brücken, der geringen Bestände an Verpflegung und Futter, Heizmaterials und Betriebstoffs sowie des unzuverlässigen Kartenmaterials zwar Schwierigkeiten böten, aber bei entsprechenden Vorkehrungen durchaus durchführbar wären.” Und weiter: „ Die auf dem Balkan herrschende Auffassung, dass größere Operationen im Winter nicht möglich seien, komme der Tarnung des Unternehmens „Marita” insofern zugute, als auf dem Balkan zu dieser Zeit an ernsthafte deutsche Absichten und Vorbereitungen nicht geglaubt werde.” Auf dem Berghof in Berchtesgaden ordnete „Der Führer” am 7.1.1941 an, Italien in Nordafrika / Libyen, dessen Verlust drohte, militärisch zu unterstützen – Siehe: Einsatz des DAK u. Rommels in Afrika. In seinen Babyjahren überlebte Götz Dahlmüller in Düsseldorf viele Bombenangriffe. Von Januar 1943 bis August 1944 gab es auf Düsseldorf insgesamt 53 Angriffe mit zusammen 3082 Bombern. ( 1943/ 39 u. 1944 14 Angriffe )
Zwischen 1945 - 1955 verarmtes Aufwachsen in Trümmerlandschaften und der langsame Wiederaufbau - durch MARSCHALLPLAN ; Korea– Krieg und Wirtschaftswunder. Wahrscheinlich wurde Götz im Jahre 1947 eingeschult. Werner Henzes 1. Sinfonie wurde in Darmstadt uraufgeführt.
1951 wurden die Bayreuther Festspiele wieder eröffnet und Arnold Schönbergs" Tanz um das Goldene Kalb" in Darmstadt uraufgeführt
1954 Götz wurde 13 Jahre - Helmut Rahn schoss das 3:2. Deutschland wurde Fußballweltmeister.
1955 Trotz massiver Proteste wurde die Wiederbewaffnung durchgezogen und die KPD verboten.
1956 begann in Memphis/Tennessee die Karriere von Elvis Presley, der Rock'n Roll eroberte den Globus – Götz Dahlmüller war ein begnadeter Tänzer – Im Mittelmeer sank der Luxusliner Andrea Doria. Cornelia Froeboess sang das Lied: Pack die Badehose ein etc.
1957 - 1958 wurden Conny Froboess und Peter Kraus eines der Traumpaare des deutschen Films. In München – Schwabing fanden Krawalle statt.
1958 war Dr. Schiwago angesagt und der Verteidiger Juskowiak wurde bei der Fußballweltmeisterschaft in Schweden in der 64. Minute unter ohrenbetäubenden Heja! Heja ! Rufen vom Platz gestellt. In Köln wurde Stockhausens „Gruppen für 3 Orchester „ aufgeführt.
Götz Dahlmüller genoss eine intensive Schulzeit mit vielen 131(GG) Lehrern zur Wiederverwendung und lernte früh, dass in der Schule soziale Chancen und soziale Ziele erreicht werden bzw. die Schule der Statusbestätigung dient.
Oder wie es schon Friedrich – Wilhelm III in seiner „irdischen Bestimmung des Menschen „ 1840 formulierte:” Jeder lerne nur gründlich und ganz, dass, was für seinen Stand und seinem Beruf geziemet ist. – Alles was darüber hinausführt – Dient nur der Anmaßung und Räsonniersucht und führt zu Unruhezuständen im Leben.”
1959 erfolgte der Sputnik – Schock
1960 lief Armin Hary 10,0 Sekunden und wurde in Rom Olympia– Sieger.
Um 1960 herum muss Götz Dahlmüller sein Abitur bekommen haben und begann aufgrund des Sputnikschocks ein ungemein bildungsbürgerliches Studium – Musik, Philosophie, Kunst und Literaturwissenschaft sowie weitere sinnvolle Dinge
1961
wurde die Mauer gebaut und Eberhardt Diepgen wurde 1963 für kurze Zeit ASTA – Vorsitzender der FU Berlin
1962 ein schlechtes Jahr für den deutschen Fußball - bei der WM in Chile wurde ein Spiel gegen Jugoslawien durch ein Tor von Radakovic in der 84. Minute 1:0 verloren.
1964 mit „Help” begann die Beatle- Mania.
Eine wilde Zeit begann – Götz Dahlmüller mittenmang.
Politisch wurde es unruhiger.
1964 erschien ein Buch von Pich: Die Deutsche Bildungskatastrophe und der „Senkrechtstarter „der FDP Ralf Dahrendorff forderte ein „Bürgerrecht auf Bildung” Helmut Schmidt forderte Arbeiterkinder an die Universitäten sowie Hildegard Hamm – Brücher weitere Öffnungen und Reformen des Bildungssystems.
1966 Passierte das legendäre Wembley – Tor
Piere Boulez dirigierte den” Parzifal” in Bayreuth
Bücherregale wurden damals leergeräumt:
Goethe, Schiller, Kleist, Hölderlin, Musil, Thomas Mann, Proust, Joyce verschwanden.
An ihre Stelle traten die „ Blauen Bände”, möglichst vollständig, damit auch sichtbar wurde, dass man mit seiner bürgerlichen Vergangenheit gebrochen hatte.
Am 26 .11. 1966 - erschien folgendes Flugblatt an der FU Berlin:
"Die Misere der Universität ist die Misere derer, die an ihr studieren müssen. Unerträglich sind die Zustände an der FU für uns Studenten. Wir müssen uns herumschlagen mit schlechten Arbeitsbedingungen, mit miserablen Vorlesungen, stumpfsinnigen Seminaren und absurden Prüfungsbestimmungen. Wenn wir uns weigern, uns von professoralen Fachidioten zu Fachidioten ausbilden zu lassen, bezahlen wir das mit dem Risiko, das Studium ohne Abschluss beenden zu müssen."
Überhaupt gab es damals spannende Sachen:
Es war die Zeit der Subversiven Aktion, weitere Stichworte möchte ich nennen, wie Kommune – Experimente; Kinderläden, Summerhill , ANTI – Notstands- Springer- Justiz, Vietnam und Dritte Welt – Kampagnen, Frauenrevolte im SDS, Schüler – und Lehrlingsbewegung, Randgruppenarbeit, Kulturrevolution, Haschrebellen, Kaufhausbrandstiftung, Hochschulstreik, Berufspraxisdiskussion, 2. Juni, Osterunruhen 1968, Maoismus, Aufbauorganisationen für die " Parteien des Proletariates" –
Degenhardt sang:" Spiel nicht mit den Schmuddelkindern – sing nicht ihre Lieder – Geh doch in die Oberstadt und mach's wie Deine Brüder!“
An der damaligen „Roten Kaderschmiede” am OSI fomulierte Johannes Agnoli:" Unser parlamentarisches System ist demoautoritär und arkanoligokratisch strukturiert!" Rudi Dutschke propagierte den „Langen Marsch durch die Instutionen” und bezeichnete Soziologie und Politologie als luxorierende Studiengänge.
Die 68er besuchten alle den Kultfilm „ Viva Maria” von Louis Malle.
Die 68er wollten keine systemkonformen Spezialisten werden. – Sie wollten die politisch zu denkenden Vorraussetzungen, Bedingungen und Folgen Ihrer Arbeit reflektieren, vor allem wollten sie nicht zu halbgebildeten Fachleuten/ Fachfrauen ausgebildet werden, kompetent aber beschränkt, aktiver – aber folgsam, intelligent, aber unwissend in allem, was über die unmittelbaren Funktio , unfähig, den Blick von der begrenzten Aufgabe abzuwenden!
Die Rolling Stones sangen damals „Street Fighting Man”, die Schlacht am Tegeler Weg fand statt.
1968 Wurde in Hamburg bedingt durch eine Rote Fahne und ein Che –Guevara – Poster eine Uraufführung von Henzes Oratorium „Floß der Medusa” - durch Polizeieinsatz nach politischer Auseinandersetzung – abgebrochen und verhindert.
Weiterhin wurde eine intensive Marx-Exegese betrieben, es gab "wilde Streiks" und Willi Brandt wurde Bundeskanzler.
1969 begann wieder einmal die traditionelle Zersplitterung der Linken, d. h. es begann eine Fraktionierung und Spaltung in diverse K – Gruppen. Die M – L –Bewegung, die KPD/AO, die Proletarische Linke, der KSV und die Trotzkisten, teilweise Sektenbildungen linker Dogmatismus verbunden mit massivem psychosozialem Druck: Es konnte passieren dass morgens zwei Genossen zu Kadergesprächen befohlen wurden, um am Abend als kleinbürgerliche Abenteurer denunziert zu werden!
1970 Am 5. Juni 1970 forderte eine Zeitschrift 883: Die Rote Armee aufzubauen!
Genossen von 883 — es hat keinen Zweck, den falschen Leuten das Richtige erklären zu wollen. Das haben wir lange genug gemacht. Die Bader —Befreiungsaktion haben wir nicht den individuellen Schwätzern, den Hosenscheißern, den Alles-besser-Wissern zu erklären, sondern den potenziell revolutionären Teilen des Volkes. Das heißt denen, die die Tat sofort begreifen können, weil sie selbst Gefangene sind. Die auf das Geschwätz der „Linken” nichts geben können, weil es ohne Folgen und Taten geblieben ist!
1970 bei der Fußball-WM in Mexiko schoss Schnellinger im legendären Halbfinalspiel gegen Italien in der 90 .Minute das 1:1, in der Knesebeckstraße in Berlin wurden durchgeladene 9 mm Pistolen in Plastiktüten transportiert.
Bei Wagenbach erschien das Rotbuch 29 „Über den bewaffneten Kampf in Westeuropa” — welches schnell der Beschlagnahme anheim fiel .Wenige gingen in den Untergrund und eröffneten den bewaffneten Kampf mit vielen sinnlosen Opfern.
Reformen im Bildungssystem begannen.
Eine Neugründung in Hildesheim. Aus einer Höheren Fachschule wurde im WS 1971/ 72 die FACHHOCHSCHULE / Fachbereich: Sozialpädagogik. Die Ursprungsphase des FB begann im WS 1971/1972 mit 60 Studierenden, die Grundlagen des Fachbereiches wurden in Privatwohnungen erarbeitet. Willi Muth war erster Fachbereichsleiter und der Grundstock der Bibliothek wurden aus Privatmitteln vorfinanziert, dabei wurden durch komplett alle blauen Bände Marx — Engels — Werke angeschafft, welches einige Zeit später vom Landesrechnungshof mit Befremden moniert wurde.
Im Sommersemester 1972 kam ich dann dazu. Die Immatrikulation fand in der Volkschule Ochtersum statt und ich war ehrlich entsetzt, hatte ein großes Gebäude a la Hohnsen erwartet, als ich den FB das erste Mal in Augenschein nahm, die „UNI Ochtersum”. Pavillons, die Dortbürgermeisterei, das Büro, Küchentisch mit Schublade und Stuhl. Bei Regen mussten in den Pavillons Badewannen und Eimer aufgestellt werden, wegen der Leckagen im Dach. Aber wir waren ja jung, dynamisch, voll des Idealismus und des Engagements, also im Gründungsfieber, da die Personalstärke des FB übersichtlich war, 1972 circa 28o Studentlnnen, es kannte jeder jeden und die Kontakte zum Lehrkörper waren fast optimal.
Ich war relativ kurz am Fachbereich und wurde studentisches Berufungsausschussmitglied, zusammen mit Hartmut Hendrich, dazu gehörte „ die Mutter des FB” die leider 2001 verstorbene Gisela Keuntje. Seit damals haben wir folgende Einstellungen zu verantworten: Klaus Below, Götz Dahlmüller, Hartmut Engelmann, Michael Rothschuh, Christow - Petrow, Philipp Valiaparampil, Udo Wilken und nicht zu vergessen Edeltraud Prachtel-Gerhard. Weiterhin begann eine intensive Diskussion über die Funktion von Sozialarbeit und Sozialpädagogik, man diskutierte über die Revision der Curriculumsrevision. Standardliteratur waren damals: Macht und Herrschaft in der BRD/ Sozialarbeit unter kapitalistischen Produktionsbedingungen, Fürsorgeerziehung im Kapitalismus, und Lessing /Liebel' s antikapitalistische Jugendarbeit.
Man hing damals der Illusion an, versteinerte gesellschaftliche Strukturen über „ Erziehung” zum Tanzen zu bringen.
Über die Analysevariablen Arbeit, Herrschaft, Sozialisation, Sprache, Qualifikationsprozesse, Massenkommunikation und Freizeit versuchten wir uns damals über die gesellschaftlichen Verhältnisse im Klaren zu werden.
Wir wollten damals keine sozialintegrative Sozialarbeit im herkömmlichen Sinne betreiben und unsere Gedanken gingen in Richtung der Aufklärung unserer Adressaten, die nicht bei einer Sensibilisierung stehen bleiben sollte und die nur durch solidarischen Kampf zu erreichen wäre.
Wir wollten also am Klassenkampf teilnehmen und zum Sturz der kapitalistischen Gesellschaftsordnung beitragen.
Leider haben die Adressaten unsere Mitarbeit nicht angenommen, denn Herbert Marcuse schrieb schon 1969 „Versuch über die Befreiung` S. 35:
„ Kraft ihrer Stellung im Produktionsprozess, aufgrund ihres zahlenmäßigen Gewichtes und des Umfanges der Ausbeutung ist die Arbeiterklasse immer noch der geschichtliche Träger der Revolution; durch ihre Teilhabe an den stabilisierenden Bedürfnissen des Systems ist sie eine konservative , ja konterrevolutionäre Kraft geworden. Objektiv ”an sich” sind die Arbeiter noch die potenzielle revolutionäre Klasse; subjektiv, „ für sich „ sind sie es nicht.”
Das Imperium begann zurückzuschlagen, mit dem Radikalenerlass und Berufsverboten und bei Einstellungen mit der Gesinnungsanfragen beim Verfassungsschutz..
Bourdieu und Passeron wiesen 1971 auf die „Illusion der Chancengleichheit” hin. Martin Baethge schrieb seinen Aufsatz.” Abschied von Reformillusionen" ,
1973/ 1974 mit der Ölkrise wurde der fordistischen Phase der Bundesrepublik allmählich ein Ende gesetzt. Positiv Deutschland wurde 1974 Weltmeister im Fußball.
Die Reformphase wurde beendet – der Laden wurde dichtgemacht/ Haushaltsstrukturgesetz Januar 1976 . Es kam zu einer massiven Lehrer – und Sozialarbeiterarbeitslosigkeit. Hans Apel - damals Finanzminister: „ Bedarf ist – was bezahlt werden kann!” Helmut Schmidt formulierte 1977 an der Universität Mainz:" Akademiker haben die Ansprüche zu reduzieren – ich habe mir auch nicht aussuchen können – Bundeskanzler zu werden.
Sozialpädagogen, die damals in die Praxis gingen, hatten teilweise große Probleme mit Ihren Arbeitgebern.
Auch die Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände (1976) beschwerte sich bei den Fachhochschulen über die Ausbildung zu „kritischer Sozialarbeiter”, mit folgendem Grundtenor:
Sie seien zu theoretisch und nicht ausreichend für ihren praktischen Beruf vorbereitet, es fehle ihnen eine für die praktische Arbeit erforderliches Basiswissen. Sie hätten falsche Vorstellungen und Auffassungen von den Pflichten, der Haltung und Loyalität eines Mitarbeiters in der kommunalen Selbstverwaltung, sie hätten Angst vor der praktischen Arbeit und Anpassungsschwierigkeiten und verursachten in ihrer Behörde oder in ihrem Arbeitsfeld Konflikte statt sie zu lösen. Etc.
Folgende Forderungen wurden gestellt: Die Kommunalen Gebietskörperschaften benötigen (Mitarbeiter M.B.), die eine möglichst breit angelegte praxisbezogene Grundausbildung erhalten haben und damit über eine große Verwendungsbreite verfügen, mit intensiven Rechtskenntnissen. Verbunden mit der gleichzeitigen Warnung:" Städte, Gemeinden und Kreise erwarten von der Ausbildung an den Fachhochschulen, dass Sie in Ihren Zielen die verfassungsmäßige Ordnung und die gesellschaftliche Wirklichkeit in der BRD achtet. – Fachhochschulen die diese Notwendigkeiten nicht beachten, laufen Gefahr, den beruflichen Erfolg ihrer Absolventen zu beeinträchtigen." - Heutzutage werden wohl diese Zielvorstellungen an den Hochschulen befolgt.
Irgendwann /1982/ wurde Helmut Kohl Bundeskanzler und verkündigte die geistig– moralische Wende! Im Sinne von Andre Gorz nahmen wir „ Abschied vom Proletariat”. Ein Paradigmenwechsel: Aus unruhestiftenden Gesellschaftsveränderern wurden „ hilflose Helfer” – aus radikalen Sozialutopisten wurden politisch funktionslose "Handlanger des Kapitals".
Heutzutage, hat die 68er Generation, gemeint sind die Jahrgänge 1937 - 1944 am Fachbereich Sozialpädagogik abgedankt und ist in den historischen Orkus pensioniert worden.
Der Fachbereich Sozialpädagogik in Hildesheim hat sich mit der BA –Ausbildung/ alter Wein in neuen Schläuchen/ zu einer furchtbar formalisierten, bürokratisierten, verschulten, systemimmanenten Ausbildung entwickelt.
Es wurde im Verlaufe der letzten Jahre geschafft, die chaoskompetente, kritisch – politisierte Ursprungsmotivation, in ein bürokratisiertes, technokratisches, systemkonformes, marktorientiertes Ausbildungssystem umzupolen- will heißen:
Die Sozialpädagogen bekommen für die berufliche Praxis zwar ein ordentliches Know – how mit, aber es fehlen, durch einen Zeitgeist bedingten Paradigmenwechsel, politisch –kritische Reflexion und eine intensivere Analyse der historischen Dimensioniertheit sozialen Handelns, bedingt durch eine starke Psychologisierung und Verbetriebswirtschaftlichung der Sozialen Arbeit. D.h. Budgeting, Qualitätsmanagement, Effienzsteigerung, Effektisierung , Struktur – Prozess und Produktqualität und Kundenorientierung hielten Einzug in die Sozialarbeit.
Zusammengefasst lässt sich sagen: Die Party ist zu Ende!
Der neoliberale Kapitalismus und die Deregulierung der Finanzmärkte haben dem Rheinischen Kapitalismus den Kampf angesagt und möglicherweise den Krieg gewonnen. Langfristig werden im Arbeitsmarkt nur 5 % kreative Leute gebraucht, die die Gesellschaft vorantreiben, weitere 25 % halten den Produktionsprozess am Laufen, die restlichen 70 % sind mehr oder überflüssige Ballastexistenzen und können sich als Heloten mit unterbezahlten Dienstleitungsjobs über Wasser halten.
Die so genannte dritte mikroelektronische Revolution führen zur brachialen Umwälzung von der arbeitnehmerorientierten Industriegesellschaft zur unternehmenszentrierten Wissensgesellschaft verbunden mit quantitativ und qualitativ verschärften Qualifikationsanforderungen, die nur eine Minderheit erfüllen können.
Der Rest bleibt draußen vor und wird durch Massenmedien systematisch verblödet, sie werden zu Analphabeten gemacht.
Normalarbeitsplätze werden immer rarer, es wird zu massiven Verteilungskämpfen kommen. Es wird Angst erzeugt und massive Konkurrenz verbunden mit einem massiven Verdrängungswettbewerb, führen in Unternehmen zu Vereinzelung, Individualisierung zu Mobbing und Leistungsstress und zur Entsolidarisierung, mit der Mentalität:
Jeder für sich und Gott gegen uns Alle!
Sozialstaatliche Errungenschaften werden abgebaut - der Sozialstaat wird zum Wettbewerbsstaat.
Politik dankt ab und ist nur noch Territorialverwaltung Transnationaler Konzerne. Es bilden sich wieder alte „ klassengesellschaftliche Strukturen „ heraus.
Der Mittelstand proletarisiert und kommt möglicherweise, wie in der Weimarer Republik auf dumme Gedanken, siehe die berühmte Schere: Produktivitätskraftentwicklung nach Links - Bewusstsein der Massen nach Rechts!
Lieber Götz Dahlmüller, Dank für 33 Dienstjahre !
Mehrere Studentengenerationen / NST - Neue Sozialisationstypen hast Du begleitet: Die Protestgeneration, die Sponti – und Tunix- , die Psycho– Boom und Soziotherapie – Generationen bis zur heutigen individualistischen, karrieristischen, privatisierenden, psychologisierenden, apolitischen Kummerkasten — und Betroffenheitsgeneration, deren erste Frage in der Berufspraxis lautet: Gibt es hier Supervision?
Lieber Götz Dahlmüller:
Was bleibt sind einige Bücher — diverse Zeitschriftenaufsätze, die nur von missgünstigen Kollegen gelesen wurden und sonst keine Sau interessieren.
Also Lieber Götz Dahlmüller genieße den Unruhestand, denke daran die Dolomiten sind ein bekanntes Gelände. Auf zu neuen Ufern, der Schicksalsberg der Deutschen , auf den Spuren Hermann Buhls , der Nanga Parbat wartet auf Dich, sowie die Nordostwand des K 2.
Die jungen Studierenden des FB Sozialpädagogik müssen die mühevolle Arbeit des „dicke Bretter Bohrens“ ohne dich weitermachen. Denn ich gehe einfach davon aus, dass sich die aktiveren Teile der Studentenschaft selbst ihre Gedanken machen über die Ungleichheitsproduktion der Globalisierung, über Anomie bzw. die soziale Entwurzelung, kulturelle Desorientierung und ökonomische Pauperisierung und über die Implikationen einer repolitisierten Ausbildungskonzeption künftiger Sozialarbeit.