Berlin, den 07.10.1996

Hallo Leute, da bin ich wieder - Im Sinne von "Roots" - Zurück zu den Wurzeln - mit der Maßgabe Peter Eisler's aus dem Jahre 1972: "Man muss hier alles hinterfragen!!". Bevor ich hier richtig loslege, brauche ich noch seelischen Beistand und frage erst einmal: Wo sitzt die Matrikel - Nummer: 001?

Weiterhin sehe ich in diesem Raum eine Menge altbekannter Gesichter und möchte erst einmal die Leute begrüßen, im Bereich der Besoldungsgruppen Bat IV b bis Bat X, die seit 1971 für die Kontinuität des Fachbereiches gesorgt haben und möglicherweise an der Priesterherrschaft der Intellektuellen gelitten haben. Ich meine hier die MitarbeiterInnen der Verwaltung und des Technischen Dienstes. Stellvertretend für alle möchte ich nennen: Die ,,Graue Eminenz" Leokadia Vollmer, den "Zerberus" der Fachbereichsbibliothek: Inge Hoffmann, die Chefin des Berufspraktikantenamtes Hannelore Krämer-Niemann und nicht zu vergessen den Technik-Experten: Sigi Jakob. Mein Lob: Ihr habt in den letzten 25 Jahren ein tolle Arbeit gemacht.

Weiterhin begrüße ich den Mittelbau des Fachbereiches, die Lehrkräfte für besondere Aufgaben, die damals nicht zu den Gewinnern, der Umstellung von der Höheren Fachschule zur Fachhochschule gehört haben, die in den Besoldungsgruppen Bat III - BAT IV b anzusiedeln sind und mit 28 Stunden Lehre eine hervorragende Leistung in den letzten 25 Jahren vollbracht haben. Hier möchte ich nennen: Sigrid Boateng, Ralf Dorn, Hans - Georg Keil, Harry Schütz und nicht zu vergessen Wolfgang Pich. Nun komme ich zu den am Hungertuche nagenden C2-Professoren des Fachbereich Sozialpädagogik: den Zeitzeugen Hartmut Engelmann (jetzt C3), der den großen Zampano Adorno noch im Original erlebt hat und eine der härtesten Frauenrechtlerinnen in Deutschland, die professorale Alt-Feministin Brunhilde Wagner (jetzt auch C3). Hier begrüße ich besonders Götz Dahlmüller, der den Fachbereich aus Hamburg kommend, zwei Tage in der Woche heimsucht und mit seiner ,,Reisenden Hochschule" einen qualitativ, hohen Maßstab für die innovative Tätigkeit eines Fachhochschullehrers gesetzt hat. Weiterhin begrüße ich den Experten für Erlebnispädagogik und Segelprofessor Michael Schwindt. Auch möchte ich nicht vergessen, den Musikprofessor Eckhardt Albrecht meine herzlichen Grüße zu überbringen.

Ich begrüße auch die standesgemäß besoldeten C 3 - Professoren Klaus Below, Gert Unterberger, Udo Wilken und nicht zu vergessen Hans -Ullrich Kawohl, Edeltraud Prachtel-Gerhard und Michael Rothschuh. Einen besonderen Gruß an die ,,Reiterliche Vereinigung" beim Fachbereich Sozialpädagogik, die Professoren Hans-UJlrich Ahlborn und Auwie Meyer. Ich begrüße auch Seine Magnifizenz Rektor Kolb und die Konrektorin Frau Prof. Rosi Meyer, die sich in den letzten 25 Jahren zur teuersten Handarbeitslehrerin Deutschlands gemausert hat.

Besonders herzliche Grüße richte ich an die Emerita Professorin Gisela Keuntje, an Frau Krause - Wichert und nicht zu vergessen Frau Dr. Oehlmann. Weiterhin erwähne ich die Pensionisten Prof. Dr. Dr. Petrow Christow und den nicht anwesenden Philipp Valiaparampil.

Ich begrüße auch herzlichst den Fachbereichsleiter, Pardon, heute heißt es ja: Dekan und Tennis - Crack: Prof. Friedhelm Vahsen und unseren Gast, den einzigen Ordinarius unter uns, den neuen Doyen der deutschen Sozialpädagogik/ Rechtsnachfolger von Klaus Mollenhauer, den C 4 - Professor aus Tübingen: Hans Thiersch.

- Liebe Ehemalige KommilitonInnen und besondere Grüße an die heutigen Studen-ten/INNEN, die an diesem Fachbereich Ihr psychosoziales Moratorium ausleben dürfen.

Ich freue mich, nach langer Zeit wieder am Fachbereich Sozialpädagogik zu sein und beginne meine Rede, wie es sich für einen Nach - 68 er gehört, mit einem Zitat von Adorno: "Wer sich keine unnützen Gedanken macht, streut auch keinen Sand ins Getriebe!!"

Zu meiner Person:

Ich heiße Hans-Hermann Buskohl, lebe im ,,Mezzogiorno Berlin -Neukölln, im bevölkerungsreichsten Bezirk mit 27 000 Arbeitslosen und 33 000 Sozialhilfeempfängern.

Im Rahmen moderner Bastelbiographie und im Sinne Beck' scher Individualisierung sammelte ich folgende bürgerliche Berechtigungsscheine: Diplom - Sozialpädagoge, Diplom - Soziologe, Großhandelskaufmann und Versicherungsfachmann / BWV. Ich bin ein Paradebeispiel und Opfer erfolgreicher sozial-liberaler Bildungspolitik. Meine fast fertige Dissertation über das ,,Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" - Sterilisation und Euthanisierung von Alkoholkranken im 3. Reich - überantwortete ich 1982 im Raum 420 des Bezirksamtes Charlottenburg dem öffentlichen Reißwolf. Meine sozialpädagogische Berufpraxis erlebte ich in zeitlich befristeten ABM - Stellen, im Bereich Sucht-, Jugend- und Seniorenarbeit. Unterbrochen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit mit den schon 1976 von Ali Wacker beschriebenen psychosozialen Auswirkungen, bis hin zur Gürtelrose.

1986 bis 1993 war ich 7 1/2 Jahre in der Freien Wirtschaft, als unselbständiger Selbständiger Versicherungsvertreter im Bereich des HGB § 84 tätig. 1994 wurde ich dann für 10 Monate Sozialhilfeempfänger und absolvierte Tätigkeiten im Bereich des § 19.2.2 BSHG u.a. mit Laubharken auf dem Friedhof. Seit Oktober 1994 - bis zum 31.10.1996 baute ich für die Neuköllner Arbeitsförderungsgesellschaft den Arbeitslosenladen Lenaustraße auf. Wir haben hier Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger beraten, Bewerbungen geschrieben und in vielen Einzelfällen effizient und erfolgreich helfen können. Auch im Jugendbereich habe ich ein niedrigschwelliges Beratungsangebot geplant und durchgeführt. Ab 1. November 1996 werde ich wieder arbeitslos, zum Frührentner und stehe dann wieder voll auf den Trümmern meiner bürgerlichen Existenz.

Ich war von 1972 - 1975 Student am Fachbereich Sozialpädagogik. Zwischenzeitlich ist viel Wasser die Innerste herunter gelaufen, und viele Ehemalige und Professoren sind vom 2 CV auf BMW umgestiegen, und handeln im Sinne von Karl Korsch:

"Man muss bereit sein, alle Überzeugungen preiszugeben, wenn sie mit den heutigen Erfahrungen nicht mehr übereinstimmen." Oder anders formuliert: Wir haben uns mit der ,,Normativität des Faktischen" arrangiert.

Was waren das damals für glorreiche Zeiten - Sputnikschock -Picht'sche Bildungskatastrophe, Dahrendorf'sches Bürgerrecht auf Bildung, Helmut Schmidt's: Arbeiterkinder an die Universitäten, dazu Hildegard Hamm -Brüchers Diktum: Wir brauchen auch breit qualifizierte Leute aus unteren sozialen Schichten!!!" Es war die Zeit der Subversiven Aktion, weitere Stichworte möchte ich nennen, wie Kommune - Experimente, Kinderläden, Anti-Notstands-, Anti-Springer-, Justiz-, Vietnam und Dritte-Welt-Kampagnen, Frauenrevolte im SDS, Schüler und Lehrlingsbewegung, Randgruppenarbeit, Kulturrevolution, Haschrebellen, Kaufhausbrandstiftung, Hochschulstreik, Berufspraxisdiskussion, 2. Juni, Osterunruhen 1968, Maoismus, Aufbauorganisationen für die "Parteien des Proletariates." Franz-Josef Degenhardt sang damals: "Spiel nicht mit den Schmuddelkindern - sing nicht Ihre Lieder - Geh doch in die Oberstadt und mach's wie Deine Brüder!!!" Prof. Agnoli an OSI formulierte damals: Unser parlamentarisches System ist demoautoritär und arkanoligokratisch strukturiert!!!".

Ich selbst lebte noch unbedarft in der kleinbürgerlichen Enge einer Kleinstadt in Friesland - während die richtigen 68er gegen den Vietnamkrieg demonstrierten und sich blutige Köpfe holten, war ich noch Lehrling - Ausbeutung- Tag für Tag - Gesichert durch den Lehrvertrag! - Kam dann irgendwie mit Studenten u. SDS'lern zusammen die mich motivierten etwas für den Kopf zu tun, z.B. Marx Lesen und aus meiner damaligen Lebenssituation auszusteigen.

Leider habe ich die Ursprungsphase des FB Sozialpädagogik im WS 1971/1972 verpasst mit dem Beginn mit 60 Studierenden - wo noch in Privatwohnungen die Grundstruktur des Fachbereichs gelegt wurde. U.a. war ein Student Willi Muth erster Fachbereichsleiter und der Grundstock der Bibliothek wurde aus Privatmitteln vorfinanziert. Dabei wurden komplett alle blauen Bändel Marx - Engels -Werke angeschafft, welches einige Zeit später vom Landesrechnungshof mit Befremden moniert wurde. Zu diesem Zeitpunkt befand ich mich noch im Rahmen des ,,Langen Marsches durch die Institutionen" bei der Bundeswehr. Mit der Intention: Wenn Du eine Institution bekämpfen willst - musst Du Sie kennen! Aber zur Information - es war gar nicht so einfach, das Ganze war garniert mit 6 DIZI's und 18 Erzieherischen Maßnahmen.

Im Sommersemester 1972 fand dann endlich die Immatrikulation, in den Räumen der Volksschule Ochtersum statt. An sich hatte ich ein größeres Gebäude erwartet und war im ersten Moment ziemlich entsetzt - als ich die "UNI Ochtersum" - die Pavillions - zum ersten Male sah, und ich in der Dorfbürgermeisterei Ochtersum mir das Büro ansah, Küchentisch mit Schublade, und Stuhl. Ich kann mich noch mit Vergnügen daran erinnern, dass bei Regenwetter in den Pavillons Badewannen und Eimer aufgestellt werden mussten, wegen der Leckage im Dach.

Nun zum Studium: Die damaligen Dozenten stellten sich vor, und im ersten Moment dachte ich, das schaffst Du nie. Im ersten Semester war man dann noch besonders engagiert, es gab ja auch viel Neues zu lernen. u.a. .: Die Revision der Curriculumsrevision. Standardwerke waren damals: "Macht und Herrschaft in der BRD" und "Die Sozialarbeit unter kapitalistischen Produktionsbedingungen" sowie "Die antikapitalistische Jugendarbeit". Es eröffnete sich eine neue Welt. Es war damals alles noch recht übersichtlich 10 hauptamtliche Dozenten und ca. 240 Studenten. Wir haben damals versucht über die Analysevariablen: Arbeit, Herrschaft, Sozialisation, Sprache, Qualifikationsprozesse, Massenkommunikation und Freizeit - uns über die gesellschaftlichen Verhältnisse im Klaren zu werden. Ich habe die Sache sehr ernst genommen - Studium war nicht Selbstverständlichkeit - sondern Privileg.

Was wollten wir eigentlich damals anstreben: Wir wollten keine systemkonformen Spezialisten werden! Wir wollten die politisch zu denkenden Voraussetzungen, Bedingungen und Folgen unserer Arbeit reflektieren!! Wir wollten nicht zu halbgebildeten Fachleuten/Fachfrauen ausgebildet werden, kompetent, aber beschränkt, aktiv - aber folgsam, intelligent, aber unwissend in allem, was über die unmittelbare Funktion hinausgeht, unfähig, den Blick von der begrenzten Aufgabe abzuwenden. Vor allen Dingen hingen wir der Illusion an, versteinerte gesellschaftliche Strukturen über Erziehung "zum Tanzen" zu bringen!!!

Wir lernten damals am Fachbereich, daß Sozialarbeit folgende Funktionen beinhaltet:

1. Sozialarbeit /SP als Reproduktionsagentur

2. SA/SP als Sozialisationsagentur

3. SA/SP als Kompensationsagentur

4. SA/SP als Oppressionsagentur

5. SA /SP als Disziplinierungsagentur

Wir wollten damals keine sozialintegrative SA/SP im herkömmlichen Sinne betreiben, sondern unsere Gedanken gingen in Richtung der Aufklärung unserer Adressaten, die nicht bei einer Sensibilisierung stehen bleiben sollte, sondern: zur Emanzipation der Arbeiterklasse führen sollte und die nur durch solidarischen Kampf zu erreichen wäre. Wir wollten also am Klassenkampf teilnehmen und zum Sturz der kapitalistischen Gesellschaftsordnung beitragen!!! Leider haben die Adressaten unsere Mitarbeit nicht angenommen, denn Herbert Marcuse formulierte im Jahre 1969: Kraft ihrer Stellung im Produktionsprozess, aufgrund ihres zahlengemäßen Gewichts und des Umfangs der Ausbeutung ist die Arbeiterklasse noch immer der geschichtliche Träger der Revolution; durch ihre Teilhabe an den stabilisierenden Bedürfnissen des Systems ist sie eine konservative, ja konterrevolutionäre Kraft geworden. Objektiv, ,,an sich sind die Arbeiter noch die potentielle revolutionäre Klasse; subjektiv, ,,für sich", sind sie es nicht."

Zurück zum Fachbereich: Mit Interesse und Engagement habe ich jede Fachbereichskonferenz 1972/73 verfolgt, teilweise bis drei Uhr morgens ,denn es wurde zum Beispiel verzweifelt nach einem neuen Fachbereichsleiter gesucht, weil einige Dozenten Ihre Weiterqualifizierung intensiv betrieben - hier das Schreiben von Doktorarbeiten, weiterhin standen ja auch die AH 15 - Professuren ins Haus, und daher war die Verwaltungsarbeit nur ein störender Faktor. Ich habe damals als "Parlamentsstenograph" diverse Protokolle verfaßt, ich kann mich noch erinnern, daß Auwie Maier , der schlimmste Schnellredner war. 1972 gab es auch dann noch die erste Demo durch Hildesheim, an der ich teilnahm. Überhaupt gab es spannende Geschichten - erinnern möchte ich nur an Hotops Hotel und an die Studentenkneipe" Hipe Tuk". Ich habe diese Fachhochschule in Neugründung - diesen Gemischtwarenladen sehr genossen, einerseits weil man hier die Freiheit hatte, quer durch den Garten zu studieren, um mir einerseits viele Anregungen zu holen, andererseits mich herrlich zu verzetteln. Insgesamt ist das Sozialpädagogikstudium "ein weicher Studiengang" , der damals noch so unstrukturiert war, dass man viel oder gar nichts tun konnte - und alles zu einem Problem der vorhandenen oder nicht vorhandenen intrinsischen Motivation wurde.

Nun zu einer Angelegenheit, wo ich heute noch ein schlechtes Gewissen habe. Ich war relativ kurz am Fachbereich und wurde studentisches Berufungsausschußmitglied, war damals zu jung, hatte noch nicht den richtigen Überblick, und wir hatten auch damals nicht das Bewerberpotential, um eine andere Auswahl treffen zu können. Es sind manche Fehler - wie sie auch anderen Menschen unterlaufen - begangen worden.

Manche meiner ehemaligen Kolleginnen erwarten jetzt von mir eine qualifizierte Professorenschelte. - Leider muss ich hier alle enttäuschen. Denn es gibt hier nichts Neues unter der Sonne. Empfehle hier einen Blick in die Klassiker - z. B. Adam Smith: "Der Wohlstand der Nationen", hier das fünfte Buch, 1. Kapitel - Die Öffentlichen Ausgaben, 2. Abschnitt: Seite 645ff., sowie Max Weber, "Über die Bürokratie" - dort sind alle Fakten und Argumente dargelegt. Außerdem: Die Sündenböcke sind längst gefunden , denn beginnend bei Auwie Meyer bis heute Friedhelm Vahsen haben die Dekane viel zu viel durchgehen lassen und sind selbstverständlich natürlich an allem Schuld.

Zusammengefasst: Wenn ich auf die damalige Zeit zurückblicke, waren dies trotz aller Restriktionen und Austoben individueller Identitätskrisen und Schlüsselerlebnissen, wie der 12. Januar 1974 - Prof. Below weiß, wovon ich hier rede - einige der produktivsten Jahre. Trotz allen Chaos' wurde hier eine Basis an Wissen und Motivationen gelegt, welches sich später während der Universitätszeit positiv ausgewirkt hat.

Nun sind 25 Jahre vergangen, und der Fachbereich hat sich ordentlich und erfolgreich fortentwickelt, es haben sich Lernbereiche gebildet - Projekte laufen. Es gibt inzwischen einen geordneten gesitteten Verwaltungsablauf - es wird zu keinen U-Booten mehr kommen. Es wurden neue Professoren eingestellt. Auch der rechtliche Aspekt ist inzwischen am Fachbereich gut vertreten, der damals völlig fehlte und den sich viele meiner Ehemaligen Kommilitonen/innen in der Praxis mühevoll aneignen mußten - im Rahmen von doing. Learning by. Der Pioniergeneration des FB Sozialpädagogik folgten neue Studentengenerationen "NST"- genannt. - Neue Sozialisationstypen-: Die Sponti- und Tunix-, die Psycho - Boom - und Sozio-Therapie- Generationen. Bis zur heutigen individualistischen, privatisierenden, psychologisieren-den, apolitischen Kummerkasten- und Betroffen heitsgeneration. Deren ersten Frage als BerufspraktikantInn lautet: - Gibt es hier Supervision? - Denen man oft antworten muß: Sie haben hier Klienten und Sie sind hier nicht ihr eigener Klient!

Im Sinne von Andre Gorz nahmen wir 1980 ,,Abschied vom Proletariat". Wir wurden von unruhestiftenden Gesellschaftsveränderen zu hilflosen Helfern', von radikalen Sozialutopisten zu politisch funktionslosen,, Handlangern des Kapitals". Alle Fachbereiche der Sozialarbeit/Sozialpädagogik und die erziehungswissenschaftlichen Universitäts - Institute waren in den letzten 25 Jahren überaus produktiv und haben eine Menge Leute in die Praxis entlassen.

Die Fachhochschulen haben von 1971 - 1993 ca. 140 000 Leute ausgebildet und die Universitäten im Bereich der Diplompädagogen - Ausbildung 20 000 mit dem Schwer-punkt Sozialarbeit/ Sozialpädagogik d.h. also 160 000 Menschen. Gebraucht wurden aber nur 85 000. Die Fachhochschulen haben also die Aufgabe der Arbeitsmarktentlastung hervorragend gelöst.

Soll heißen für die jungen Studierenden, 1. Das Studium der Sozialpädagogik garantiert heute keinen sicheren Arbeitsplatz mehr. 2. Und hier trägt die Fachhochschule wohl keine Schuld. 3. Denn sie kann nur Angebote machen, sie ist aber nicht verantwortlich zu machen für den Verbleib, dies ist wiederum ein Problem der Ökonomie.

Daher möchte ich den jungen Studierenden mitteilen , genießt die Zeit des psychosozialen Moratoriums - nehmt die Angebote des Gemischtwarenladens an. Und nehmt die soziale und politische Funktion der Fachhochschule im Sinne H.J. Campe's wahr, der 1786 schrieb: "Will man eine Nation umformen, will man verständige, kluge, gewandte, emsige und wackere Menschen bilden, so gebe man die Alten auf und schränke seinen Fleiß auf denjenigen Stoff ein, der noch bearbeitet werden kann, weil er noch nicht abgehärtet ist. In den Schulen oder nirgends kann eine Nation zur Industrie wie zu jeder anderen moralischen und politischen Tugend gebildet werden."

Und seit Euch darüber gewiss, dass sich die Sozialarbeit in den nächsten Jahren warm anziehen muss, weil wirtschaftliche Umstruktierungsprozesse, Globalisierung der Ökonomie, Rationalisierung im Bürobereich und Abbau von industriellen Arbeitsplätzen, Polarisierung in Arm und Reich, in Arbeitsplatzinhaber versus Arbeitslose etc. zu massiven sozialen Verwerfungen führen werden.

Themen sind heutzutage aktuell, wie Sozialmanagement, Lean- Management in Non - Profit - Organisationen, Umstruktierungen im Öffentlichen Dienst und Privatisierung staatlicher Leistungen. Diese Entwicklungen stellen neue gewaltige Qualifikationsanforderungen an junge Sozialpädagogenlnnen. Denn heute wird quasi kein Sozialpädagoge mehr gesucht - sondern eine eierlegende Wollmilchsau. Von der folgendes Qualifikationsprofil erwartet wird:

1.      Theoriekenntnisse,

2.      Emphatie,

3.      Sozialmanagementkenntnisse,

4.      Organisationsfähigkeiten,

5.      Kreativität und Flexibilität,

6.      soziologische Phantasie und flexibles unbürokratisches Verhalten

7.      Der in der Lage sein muß, sich souverän in den Minenfeldern politischer Gremienarbeit zu bewegen,

8.      mit ausgesprochener Dienstleistungskompetenz,

9.      mit Sprach- und EDV - Kenntnissen,

10.    sowie intensiven Rechtskenntnissen, der weiß, wenn er einen Klienten hat, der sich als 554er bezeichnet, daß es sich hier um die RVO/ Reichsversicherungsordnung handelt. (Arbeitsunfall bei strafbarer Handlung

11.    Der/die sich weiterhin in betriebswirtschaftlichen Rentablitätsberechnungen auskennt

12.    Und in der Lage sein muß , wie ein Selbständiger - eigenverantwortlich - konzeptionell zu arbeiten und gegenüber Behörden und anderen Institutionen Durchsetzungsfähigkeiten entwickelt,

13.    der zu improvisieren gelernt hat.

14.    Der sich darüber bewußt sein muß, daß der Schonraum bzw. die Party zu ende ist, der in der Lage sein muß, seine Tätigkeit nicht mehr mit einer ÖTV - Mentalität anzugehen - sondern mit vollem Engagement - auch nicht mehr nach spezi-ellem Beamten - Zuständigkeitsdenken handelt, sondern im Sinne seiner Klientel seine Dienstleitungsaufgaben erfüllt.

15.    Weiterhin muss der zeitgenössische Sozialarbeiter sich mit Finanzen, mit Antragsstellungen beim Arbeitsamt/ EU -Sozial - Fond und mit Social-Sponsoring auseinandersetzen können.

16.    Der Verhandlungsgeschick und Diplomatie mitbringt und in der Lage sein muß, sich mit unterschiedlichen Personengruppen auseinanderzusetzen. -mit der eigenen Klientel - mit IHK, Handwerkskammer Innungen, Arbeitsamt, Politikern.

17.    Der nicht nur sein eigenes Bezugsfeld bzw. Arbeitsplatz und Zuständigkeiten im Auge hat, sondern sich befähigt fühlt - im regionalen Rahmen verschiedene Träger und Institutionen an einen Runden Tisch zu bekommen, Vernetzungen anzustreben, Konflikte anzugehen, bzw. gemeinsame Forderungen an Politik zu entwickeln, dies bedeutet - das Lernen von Lobbyarbeit!

Insgesamt erforderlich sind: Habermass’sche Kommunikative Kompetenz, auf beiden Ebenen des Diskurses und der Performanz unter besonderer Berücksichtigung der Ahlborn'schen Überzeugungskompetenz: Überzeugen statt Überreden!

Dazu kommen Moderationsfähigkeiten, eine hohe Frustrationstoleranz, kein Karrieredenken, falls doch jemand eine Karriereplanung hat, so möge er sich ein Parteibuch anschaffen und über den Spruch nachdenken: Es kommt nicht darauf an, was du kannst, sondern wen du kennst!!!" keine Resignation und innere Kündigung, sondern ein hohes Engagement, um schwieriger werdenden gesellschaftlichen Verhältnissen gegen zusteuern.

- Das Bohren von dicken Brettern - Ein nicht immer stromlinienförmiges angepasstes Verhalten, sondern ab und zu handeln nach dem alten 68 er Motto: Wer die knallharten Sachen bringt - bestimmt die Richtung der Politik!!!!

Also liebe Studierende nehmt das Angebot dieses Fachbereiches wahr, nach dem Motto des großen Vorsitzenden Mao Tse-tung:

"Selbstzufriedenheit ist der Feind des Studierens, und wenn man etwas gewissenhaft lernen will, muss man damit beginnen, daß man selbst unzufrieden ist. Selber unersättlich im Lernen', anderen gegenüber, unermüdlich im Lehren'- das müssen unsere Ver-haltensregeln sein."

Übt Life - Long - Learning:

Es gibt eine Menge zu tun!

Packen wir es an Das wäre es fürs erste,

Vielen Dank fürs Zuhören!

Venceremos!!!

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